27.  Selbstzerstörung bei unberechtigter Benutzung
Über die Zunahme der Fahrraddiebstähle

Wieder einmal ist eines unserer Fahrräder verschwunden. Verschlossen, von der Einfahrt vor dem Küchenfenster und, so wie es aussieht, am helllichten Tag. Ich bekomme einen Herzkasper, denn ich bin zum x-ten Male radlos. Wutentbrannt drängt sich mir der Gedanke auf, dass die eine Hälfte der Deutschen ihre Tretmobile nur deshalb kauft, damit die andere sie klauen kann. Es scheint mittlerweile sogar völlig egal zu sein, ob du deinen Drahtesel im Kölner Dom, in der Eiger Nordwand oder im Dschungelcamp parkst. Du kannst dir fast sicher sein, dass hinter dem Altar, dem nächsten Felsvorsprung oder in der Jauchekuhle der anstehenden Dschungelprüfung schon der nächste Strauchdieb sitzt und der hochglanzpolierten Aufforderung deines Edelbikes »Ich bin ein Rad - Holt mich hier raus« umgehend Folge leistet. Selbst eine sündhaftteure Sicherheitstechnik bleibt oftmals wirkungslos, denn anstatt von Bolzenschneidern und Eisensägen scheint die Entbikungsmafia neuerdings über panzerbrechende Waffen zu verfügen. Wen wundert es also, dass die Studenten in den Großstädten leise pfeifend mit ihren unverzichtbaren Mountainbikes zu Bett gehen und der millionenschwere Softwareentwickler sein maßangefertigtes Carbonwunder anstelle seines ebenso teuren Rembrandts über das Sofa nagelt. Steht ein scheinbar herrenloses Fahrrad erst einmal ein, zwei Tage in der Gegend herum, mutiert es zum »Bike to go« und weckt selbst beim christkatholischen Standard-Normalbürger den Beuteinstinkt. Was dann folgt ist ein kurzes »Vaterunser« und dann »Drei, Zwei, Eins - Meins.« Vor einiger Zeit beim Hundespaziergang glaubte ich, unser altes Ersatzfahrrad in einiger Entfernung von unserem Haus an einen Zaum gelehnt entdeckt zu haben. Bevor ich es mir näher ansehen konnte, eilte eine Dame aus einem der umliegenden Grundstücke über die Straße und machte sich daran, das Rad in ihren Garten zu schieben. Meinem Zuruf, es mir einmal ansehen zu dürfen, da es vielleicht mir gehöre, kam sie in ihrem Jagdtrieb nicht nach und bevor ich sie erreichen konnte, war sie samt ihrer Trophäe im Garten verschwunden. Zwei Tage später erhielt ich ihren Anruf, in dem sie mir mitteilte, dass ich mein Rad abholen solle, da sie nichts damit anfangen könne, weil es total im Eimer sei. Heiliges Schutzblech, da habe ich aber Glück gehabt. Offensichtlich war das marode Schätzchen von Gelegenheitsganoven aus unserem Carport entwendet, demoliert und dann als unbrauchbar klassifiziert im Jagdrevier der gnädigen Frau zurückgelassen worden. Die Zahl der Fahrraddiebstähle steigt rapide, die Polizei ist überfordert und obwohl es mittlerweile etliche Suchportale im Internet gibt, finden nur etwa 10 Prozent aller gestohlenen Fahrräder den Weg zurück zu ihren Besitzern. Ich für meinen Teil habe in meinem heiligen Zorn beschlossen, mir erst dann ein neues Fahrrad zu kaufen, wenn die Fahrradindustrie die Lösung des Problems aufgreift, die uns James Bond mit seinem Lotus Esprit im Film »In tödlicher Mission« bereits 1981 sehr eindrucksvoll demonstrierte, und die heißt: »Selbstzerstörung bei unberechtigter Benutzung.«

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